Marcel Schlosser: “Der VfB ist eine Herzensangelegenheit”

Marcel Schlosser ist der Mann mit der Kapitänsbinde im Regionalliga-Team. Das zeigt: Der 31-Jährige ist nicht nur der Führungsspieler, sondern auch einer der Leistungsträger. Daher ist es besonders bitter, dass er nun verletzt ausfällt. Wie kam es dazu? Was sagt er zur Vorbereitung und dem Kader? Unser Winter-Interview mit dem Kapitän.

 

Marcel, wir dachten alle, du bist beim Finale des ZEV-Hallenmasters aufgrund der Pfiffe gegen dich raus. Es war doch nicht so?

Nein, die Pfiffe haben mich doch nicht beeindruckt. Ich habe im Finalspiel geschossen, bin mit meinem Fuß dumm aufgekommen und es hat mir im Oberschenkel einen Muskel zerrissen. Ich habe das sofort gespürt.

Was kam bei der Untersuchung heraus?

Ein Muskelbündelriss. Ich hatte am Mittwoch einen MRT-Termin, war auch gleich auch beim Doc, der alles ausgewertet hat. Er sagt: Ich komme damit vier bis sechs Wochen hin. Aber meine Muskeln verheilen schnell. Mit Eigenbluttherapie und jeden Tag Physiotherapie geht es schnell voran. Ich falle eben erneut für die gesamte Vorbereitung aus. Wie schon im Sommer…

Du hast diese Saison wirklich etwas Pech. Woher kommt das?

Es liegt auch etwas an meinem Körper. Ich habe ein kurzes und ein langes Bein – und brauche daher Einlagen. Zudem bin ich nicht mehr der Jüngste. Zwei bis drei Jahre will ich aber schon noch spielen. Auch jetzt gilt: Ich komme schon bald fit wieder zurück.

Was machst du in deiner Zwangspause?

Vier Wochen nichts machen – das kann ich nicht. Ich darf aufs Laufband, kann Radfahren und kann die Beinpresse nutzen. Mein Fuß muss nur fixiert sein. Von Woche zu Woche steigere ich das dann. Ich bin auch gewillt, dass es schnell vorangeht. Aber die Jungs packen es auch ohne mich. Ins Trainingslager bin ich gleich auch mitgefahren – und mache von dort aus meine Wege, während die Jungs ihr Programm abspulen.

Denn du gehörst als Kapitän auch menschlich als Stütze zum Team. Ein wichtiger Faktor?

Ein lockerer Spruch muss mal kommen – na klar. Fußball ist Spaß. Wenn du verkrampfst, macht es nicht den Sinn, den es machen soll.

Wie zuversichtlich bist du für die Rückserie?

Ich ruhe mich nicht darauf aus, dass wir wieder eine so gute Rückrunde spielen. Wir denken von Spiel zu Spiel. In der Hinrunde gab es schon ein paar Schwankungen, die mich ärgern. Wir haben ein paar Punkte gegen Teams auf Augenhöhe liegen gelassen. Aber wir haben trotzdem keine schlechte Hinrunde gespielt. Wir können die Große ärgern, aber auch Spiele gegen Teams auf Augenhöhe verlieren, wenn wir nicht alle unsere Leistung abrufen. Aber genau diese Spiel sind die Basis. Unser Ziel ist es, so schnell wie möglich den Klassenerhalt zu packen.

Die Hinrunde macht insofern auch Mut, weil wir in einer Liga, in der sich die Teams allesamt verstärkt haben, eine gute Punktzahl auf dem Konto haben. Richtig?

Die Mannschaften haben sich alle verstärkt. Wir haben im Sommer einen kleinen Rückschritt gemacht. Da machen wir uns nichts vor. Das ist so – und wir nehmen es an. Wenn nicht alle Spieler ihr Leistungsvermögen abrufen, sind wir nicht mehr als eine gute Oberliga-Mannschaft. Wenn wir aber alle unser Leistungsvermögen abrufen, dann holst du auch Punkte, wo es keiner erwartet. Aus unseren Möglichkeiten haben wir schon sehr viel rausgeholt. Wir hätten acht Punkte mehr haben können, aber auch vier weniger. So wie es jetzt ist, ist es auch in Ordnung. Was mir aber wichtig ist: Die Jungs sollen jedes Spiel und jede Trainingseinheit nutzen, um voranzukommen.

Erkläre uns das bitte näher!

Wir älteren Spieler werden nicht mehr vorankommen. Da gibt es keine große Leistungssprünge mehr. Um der Mannschaft zu helfen, muss ich aber mein Level halten. Dafür gebe ich alles. Alles für den Verein zu geben, erwarte ich von jedem Spieler. Wir sind dies dem VfB Auerbach verpflichtet. Und wenn ich sehe, dass junge Spieler ein oder eineinhalb Jahre nicht vorankommen, dann ärgert mich das. Ich betone nochmals: Es ist nicht selbstverständlich beim VfB Auerbach in der Regionalliga-Mannschaft im Kader zu sein oder von Anfang zu spielen. Natürlich ist auch mal ein Spieler traurig oder er verkrampft, weil er nicht spielt. Nur: Sie spielen zurecht nicht, weil es in diesem Moment bessere Spieler gibt. Das können wir als Teamkollegen und der Trainer am ehesten bewerten – und niemand von außen. Es gibt doch positive Beispiele, dass es funktionieren kann.

Welchen Spieler meinst du?

Stanley Ratifo. Er hat zunächst nicht gespielt – und dann hat er gespielt und seine Leistung ist explodiert. Er schlägt ein wie eine Bombe und geht seinen Weg. Auch Amer Kadric ist so ein Typ: Er hat anfangs ein Stück gebraucht, im Moment befindet er sich in einem kleinen Tief. Aber ich prognostiziere: Er wird seine guten Rückrundenspiele machen. Daran müssen sich andere orientieren. Amer trainiert viel. Er wird seinen Weg gehen.

Und er wird von der Rückkehr von Daniel Tarczal profitieren?

Mit ihm auf der Sechs kommt Struktur in unser Spiel. Amer könnte dann offensiver spielen. Wir haben zusätzliche Varianten.

Daniel ist sicherlich auch für dich ein wichtiger Mitspieler?

Ich muss ihm nicht sagen, was er zu machen hat. Umgekehrt ist das genauso. Wir schauen uns an – und wissen, was zu tun ist. Außenstehende oder Laien sehen nicht, wie wichtig dieser Mann für uns ist. Er spielt mit Köpfchen und nicht sinnlos irgendwo hinrennt. Letzte Saison hat uns das absolut geholfen. Und er wird uns auch diesmal helfen. Er ist zu 100 Prozent fit.

Und damit auch ein Beispiel, wie man noch mit 33 Jahren Viertliga-Fußball spielen kann!

Ja, auch in Zwickau wollte er unbedingt in der Halle spielen. Zum Glück ist ihm nichts passiert, sodass er uns in der Rückrunde helfen kann.

Aber er allein wird es nicht richten, oder? Wie steht es um Neuzugänge?

Unser Kader ist schon jetzt dünn. Aber die Entscheidung über neue Spieler fällen der Trainer und der Manager sowie die Vereinsführung. Es gibt schon ein paar Spieler, die für uns interessant sind. Wer allerdings nicht zu 100 Prozent zu uns will, der sollte es sein lassen. Es muss die Leidenschaft brennen. Und wenn die Leidenschaft nicht da ist, spiele ich lieber mit drei A-Jugendlichen zusammen. Das ist mir lieber, denn ich weiß, dass die Junioren mit Herzblut dabei sind und für den Verein brennen. Ich habe da schon einige Spieler im Kopf, da ich mir die Spiele anschaue, bei denen ich sage: Die können es schaffen. Da ist auch der Trainer hinterher. Es gilt aber trotzdem grundsätzlich: Jeder Spieler, der hier spielt, muss seine Leistung abrufen. Wer hinzukommt, muss dasselbe tun.

Trainer Sven Köhler sagte, es sei schwer, Spieler nach Auerbach zu lotsen. Aber diejenigen, die in Auerbach spielen, seien zufrieden. Stimmt das aus Spielerperspektive? Weshalb ist das so schwer?

Ich kann nur von mir ausgehen: Ich bin mittlerweile auch schon dreieinhalb Jahre in Auerbach. Ich habe es bis heute keinen einzigen Tag bereut. Aber du musst dich als Spieler mit dem Standort Auerbach auseinandersetzen. Wer Auerbach als Sprungbrett nutzen will, der muss über sein Limit gehen. Da muss man auch mal selbstständig eine Einheit einfügen. Nur mal ein bisschen für den VfB kicken – das reicht nicht. Auerbach ist Leidenschaft, Zweikämpfe und auch Fußball. Nur Fußball ohne Leidenschaft und Zweikämpfe – das geht nicht.

Ist Auerbach ein gutes Pflaster, um den Sprung zu schaffen? Mit der Ruhe im Umfeld, leistungsorientiertem Fußball und Verlässlichkeit.

Ja, du hast als Spieler hier keinen Druck aus dem Umfeld. Wir haben auch keinen 30-Mann-Kader, wo der Konkurrenzkampf tobt. Jeder Spieler bekommt seine Chance, doch dann muss man sie auch nutzen und über drei Spiele mal zeigen, dass er mit dir rechnen kann. Wer es in Auerbach nicht schafft, der wird auch nicht 3. Liga spielen, sondern in der Landesliga oder Oberliga. Mit Anfang 20 muss ich das dann auch im Training sehen. Zudem stimmt es auch von der Mannschaft her: Es gibt Spieler – wie Felix Lietz und mich -, die vorangehen. An uns können sich junge Spieler anlehnen und mitgehen. Der Druck liegt vielmehr auf uns, denn wir müssen funktionieren. Aber es ist positiver Druck. Du wachst am Morgen nach einem schlechten Spiel auf und die Sonne scheint wieder.

Somit ist Auerbach auch ein Standort für ältere Spieler – wie dich!

Natürlich! Ich bin damals gekommen, um zu bleiben. Ich wollte mir etwas aufbauen – auch neben dem Fußball. Und beim VfB Auerbach gilt: Es wird eingehalten, was versprochen wird. Mittlerweile ist der Verein eine Herzensangelegenheit für mich geworden. Ich versuche nun, auch als Trainer im Nachwuchs anzufangen, um meine Erfahrung weiterzugeben. Ich will das weitergeben, was ich von vielen Trainern gelernt habe.

An was sich alle gewöhnen müssen, sind lange Winter. Hast du dich schon daran gewöhnt?

Es kann dieses Jahr erneut passieren, dass wir erst im März das erste Heimspiel haben. Aber das müssen wir akzeptieren.