Die Nachricht flatterte rein, kurz bevor der VfB am Mittwochabend das Auswärtsspiel beim SV Babelsberg mit 0:3 verlor: Im gesamten November herrscht ein Verbot für den Amateursport – und damit neben allen Nachwuchsteams auch für die vier Auerbacher Männermannschaften. Was passiert in der Regionalliga?
1. Wie geht es bis zum Montag weiter?
Der VfB Auerbach musste für das Heimspiel gegen Union Fürstenwalde einen neuen Antrag mit einem Hygienekonzept beim Gesundheitsamt stellen. Genehmigt wurden 100 Zuschauer. Damit findet kein Verkauf von Tageskarten statt, nur Jahreskarteninhaber erhalten Zugang zum Spiel. Der VfB bedauert die Entscheidung, bittet aber um Verständnis.
2. Was passiert danach?
Ab Montag herrscht bis (mindestens) Monatsende November de facto ein „Sportverbot“ für den VfB – wie Manager Volkhardt Kramer es nennt. „Wir haben kein Mitspracherecht, wurden einfach darüber informiert und müssen uns fügen. Die Sportstätten sind einen Monat lang geschlossen.“ Das bedeutet: Das Training am Freitag wird das letzte Training für die Regionalliga-Mannschaft sein. „Danach erhalten die Spieler vom Trainer individuelle Trainingspläne“, sagt Kramer. Denn besonders bitter: Die Spieler können weder innerhalb der Mannschaft, noch in Mini-Gruppen oder auch nur zu dritt trainieren. Das Verbot trifft auch das Regionalliga-Team, weil in Sachsen die Regionalliga als Amateurspielklasse gewertet wird. „Das sollte in jedem Bundesland auch gleich sein“, fordert Kramer. Nur so sei Chancengleichheit im Falle eines Re-Starts gewährleistet. Es könne nicht sein, dass Teams in anderen Bundesländern ohne Einschränkungen trainieren dürfen, während sich die Auerbacher Spieler nur individuell im eigenen Garten fit halten dürften.
3. Und wann beginnt die Regionalliga wieder?
Der NOFV hat beschlossen, die Saison zu unterbrechen. „Ob wir allerdings im Dezember schon wieder spielen dürfen, wissen wir im Moment auch noch nicht“, sagt Kramer. „Denn was passiert, wenn die Infektionszahlen nicht sinken?“ Sollten sie sinken und ein Re-Start erlaubt sein, gilt aus Sicht des VfB auch wieder die Voraussetzung der Chancengleichheit: „Wir können innerhalb von zwei Wochen nach Wiederaufnahme des Trainings wieder mit Punktspielen starten“, sagt Kramer, „auch wenn wahrscheinlich kein Sportwissenschaftler dies empfehlen würde.“ Aber schließlich trägt der Sport zur Lebensqualität vieler Menschen bei – selbst in Pandemiezeiten.
4. Der Spielplan ist ohnehin schon eng: Was passiert dann?
Eins scheint klar: Der Rahmenterminplan muss angepasst werden an die Anzahl an Ausfällen. Zwei Varianten stehen vorerst zur Debatte: Erstens, mehr Wochenspiele, keine Winterpause. Bei Englischen Wochen herrscht beim VfB – angesichts eines reinen Amateurkaders – eine gewisse Skepsis. „Schon in der letzten Saison haben unsere Spieler zwölf Urlaubstage nehmen müssen“, berichtet Kramer. Bei noch mehr Wochenspieltagen könnte die Anzahl noch weiter wachsen, was dann Spieler schnell überfordert. Völlig klar erscheint in diesem Zusammenhang: Der NOFV muss endlich seine Lizenzbestimmungen umsetzen. Wer seit Jahren keine Flutlichtanlage in seinem Stadion hat, darf keine Lizenz mehr erhalten. Die Bestimmung ist klar. „Dem Verband fällt jetzt auf die Füße, dass er in dieser Angelegenheit nicht konsequent genug war.“ Denn während Auerbach über Jahre hinweg in Infrastruktur investiert hat, die fester Bestandteil des Lizenzierungsverfahrens sind, taten dies andere Regionalligisten nicht. Kommt es zu einer höheren Anzahl von Abendspielen, sind die Lizenzvorgangen nochmals verschärfter anzuwenden.
Die zweite Alternative ist: „Wir müssen uns einen anderen Modus einfallen lassen“, sagt Kramer. Ideen gibt es viele – angefangen von der Variante, nach der Hinrunde eine Playoff-/Playdown-Runde zu spielen. „Uns holt jetzt die Entscheidung ein, dass wir die letzte Saison mit Absteigern von oben abgebrochen haben, aber selbst keine Absteiger bestimmt haben“, sagt Kramer.
5. Was machen die VfB-Spieler?
Sie gehen in eine Fußball-Pause. Von Trainer Sven Köhler erhalten sie individuelle Trainingspläne. „Das hat im Frühjahr schon gut geklappt“, sagt Kramer. Der größte Unterschied: Die VfB-Spieler sind Amateure, arbeiten noch in einem Hauptberuf, während die Profi-Teams ihre Spieler wohl einen Monat lang in (staatliche finanzierte) Kurzarbeit schicken. „Unsere Spieler müssen sich um ganz andere Dinge sorgen“, sagt Kramer – auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage vieler Unternehmen, bei denen die VfB-Spieler angestellt sind.
6. Wie geht es mit dem VfB weiter?
Ein Versprechen steht: „Unsere Spieler haben Verträge und haben damit auch ihr gutes Recht auf das Geld, das ihnen zusteht“, sagt Kramer. Der VfB wird die Verpflichtungen begleichen. „Das wird uns natürlich schon weh tun“, betont der Manager, „aber wir werden es schon durchstehen.“ Zumindest einen Monat lang. Große Sorgen bereitet dem gesamten Verein aber trotzdem die Zukunft: Wie kann viertklassiger Fußball langfristig finanziert werden, wenn die Wirtschaft unter den Lockdown-Folgen leidet? Wie ergeht es den vielen Kinder und Jugendlichen, die nun wieder ein Sportverbot erhalten? „Wir haben im Frühjahr schon viel verloren“, sagt Kramer. „Jetzt kommt das alles zum zweiten Mal. Natürlich erfordert eine Pandemie besondere Maßnahmen, aber bevor ich ein Sportverbot ausspreche, sollte ich dreimal hinschauen. Sport ist vorbeugend und dient der Gesunderhaltung der Bevölkerung. Das nun zu verbieten, ist das falsche Signal.“
7. Gibt es weitere Überlegungen, gegen das Sportverbot vorzugehen?
Klar ist: Das Hygiene-Konzept im Stadion hat funktioniert. Es ist kein Fall einer Infektion bekannt – und auch eine weitere Verschärfung der Regeln wäre denkbar gewesen. Beim Fußballsport auf dem Feld – also bei Kinder, Jugendlichen oder Erwachsenen – kommt hinzu, dass es keine „belegbaren Beweise“ gebe, die auf eine Infektionsgefahr auf dem Feld hinweisen – so Kramer. Im Gegenteil, weshalb das Verbot schon in dieser Hinsicht zweifelhaft erscheint, wenn es um den Infektionsschutz geht. Könnte also der Verband oder Verein dagegen klagen? „Das mag sein, müssen aber Juristen klären“, sagt Kramer. Vielmehr sorgt sich der gesamte Verein um die Zukunft nach dem Coronavirus. Wie wird dann unsere Sportlandschaft aussehen? Eventuell wie eine Wüste, in der nur noch die ohnehin Starken überleben und kleiner, familiär geführte Vereine wie der VfB die gesamte Last der Krise schultern müssen?