Drei Siege in Serie – der VfB Auerbach schwebte zuletzt auf einer Welle des Erfolgs. Doch im Vogtland weiß man nur zu gut: So schnell wie der Erfolg kam, kann er auch wieder vergehen. Daher nutzte VfB-Coach Sven Köhler bereits kurz nach dem 1:0-Sieg gegen den FC Viktoria Berlin, um auf die Schwere des nächsten Spiels hinzuweisen: „Bischofswerda ist stärker als viele erwartet haben“, sagte er. „Aber das ist für Experten keine Überraschung.“ Denn der Aufsteiger verfügt über ein gut besetztes Team, hatte den VfB im Pokal selbst ohne die Neuzugänge in der vergangenen Saison am Rande einer Niederlage. Und im Sommer kamen – unter anderem mit dem früheren Auerbacher Philipp Kötzsch – weitere Hochkaräter hinzu. Insofern erwartet der VfB am Samstag, 13.30 Uhr, einen harten Kampf.
Vor dem Spiel haben wir über die Gesamtsituation mit VfB-Manager Volkhardt Kramer gesprochen. Das Interview:
Volkhardt, das große Pokalspiel am 17. November wirft bereits den Schatten voraus. Der VfB spielt gegen Lok Leipzig. Freust du dich bereits?
Ja. Es wird ein Fest für den Verein. Ich weise nochmals darauf hin, dass die Anstoßzeit sich auf 13.05 Uhr verändert hat. Es war auch ein ausdrücklicher Wunsch des MDR, dem beide Vereine gern entsprochen haben.
Das Freitagsspiel und der fulminante 1:0-Sieg gegen den FC Viktoria Berlin haben dem VfB auf 18 Punkte gehoben. Mehr war diese Saison – auch angesichts der Konkurrenz – kaum möglich, richtig?
Mit den 18 Punkten sind wir voll im Plan. Unser Ziel ist stets ein Punkt pro Spiel plus vier Zähler. Das musst du am Ende auf dem Konto haben, um die Klasse zu halten. Mittlerweile hält sich auch Glück und Pech etwas ausgeglichen. Am Anfang stand es in einem Missverhältnis: Wir waren besser als unsere Punktzahl. Aber trotzdem: Zum Zurücklehnen ist es zu wenig.
Das liegt aber auch an der Liga! Rathenows Coach Ingo Kahlisch hat vor einigen Wochen gesagt: Wir spielen zwar in Liga vier, aber viele spielen hier unter Bundesliga-Bedingungen nur mit schwächeren Spielern. Ist das spürbar?
Es ist 100-prozentig so. Sven Köhler hat, als er zu uns kam, eine geteilte Liga erwartet: die eine Hälfte Profis, die andere Hälfte Amateure. Diesen Eindruck hat er nun nicht mehr. Ingo Kahlischs Rathenow und wir sind die Exoten der Liga. Die Bedingungen sind sehr unterschiedlich. Diese Tendenz ist aber keine gute. Und ich glaube nicht, dass diese Entwicklung dem Regionalliga-Fußball auf Dauer guttut. Das sieht man ja an den Ausreißern im Moment.
Kannst du das näher erklären?
Niemand hängt mehr dem naiven Glauben an, dass die Profiklubs oben in der Tabelle ein- bis zweitausend Euro ihren Spielern zahlen. Chemnitz hat behauptet, sie hätten eine Durchscnittsverdienst von 3.500 Euro hat – und wollte damit erklären, dass die Spieler Kleinstgehälter erhalten. Selbst wenn es wahr wäre, wäre es schon verrückt. Es stimmt ja auch gar nicht: Ein Daniel Frahn würde doch nicht für diesen Verdienst in der Regionalliga spielen. Und was der CFC alles an Spielern geholt hat! Die schlagen doch nicht andernorts Erst- und Zweitliga-Angebote aus und kommen doch nicht nach Chemnitz, um beim CFC das Abenteuer Regionalliga zu erleben. Da lockt etwas mehr als Abenteuer. Es ist in der Regionalliga viel zu viel Geld unterwegs. Die Folge: Es sind Schieflagen entstanden.
Auch in der 3. Liga, wie kürzlich bekannt wurde.
Genau. Wenn die Drittligisten im Schnitt 662.000 Euro Verlust machen, dann passt das nicht. Dabei bekommen die Drittligisten eine knappe Million Euro an TV-Geldern. Zum Vergleich: In der Regionalliga erhalten wir zwischen 8.000 und 9.000 Euro. Im Jahr! Damit weiß ich aber auch: Ich muss mit kleinen Geldern wirtschaften – gerade auch als Absteiger aus der 3. Liga. Ich kann dann doch nicht ein so verrücktes Geld ausgeben. Und dann auch noch – wie im Falle des Chemnitzer FC – mit der Begründung, dass sie ein Großstadtklub sind. Ich sehe es nicht ein, wenn die Höhe der Zuwendungen an den Verein an die Größe der Stadt gebunden ist. Dann dürfte es nur Großstadtklubs geben. Mir kann auch keiner erzählen, dass sie mit der aktuellen Zuschauerzahl in dieser Größenordnung gerechnet haben. Auch wenn ich ungern dem Chemnitzer FC einen Ratschlag erteilen möchte: Wenn ich aber in solche Schieflage gekommen bin, dann muss ich eben versuchen, mit im eigenen Nachwuchs ausgebildeten Spielern mein Glück versuchen. Der CFC hat einen hervorragenden Nachwuchs. Ich würde ihnen abverlangen, dass sie ihre eigenen Jungs in den Kader holen und zeigen müssen, was sie selbst ausgebildet haben.
Unser Freitagsgegner FC Viktoria Berlin geht einen anderen Weg: Ein chinesischer Investor will den Klub nach oben bringen. Was sagst du dazu?
Die Chinesen haben eine Mannschaft in Berlin gesucht, um den Standort Deutschland zu stärken. Bei Hertha BSC oder Union konnten sie sich wohl nicht so einfach einkaufen, nun sind sie bei Viktoria. Das ist ein interessantes Konzept. Ich neide ihnen das nicht. So ist RB Leipzig entstanden. Im nächsten Jahr werden die Geld dann wohl auch wirksam – und dann kommt am FC Viktoria keiner vorbei. Das wird vergleichbar wie bei RB Leipzig. Dann gucken natürlich andere, die sich enorm verstärkt haben, in den Ofen.
Könnte das zu weiteren Schieflagen führen?
Vor der Saison habe ich schon gesagt: Du musst dieses Jahr damit rechnen, dass eine absteigt, der eigentlich aufsteigen wollte. Und das muss nicht nur Rot-Weiß Erfurt oder Chemnitz sein, sondern es könnten auch andere treffen. Aber das sind die Sorgen der anderen. Wir müssen uns darum kümmern, dass wir stark genug sind und stark bleiben.
Das Freitagsspiel liefert ein Beispiel!
Mit Sicherheit. Wenn ein André Herold gegen eine Riesen-Truppe wie die Berliner das zentrale Mittelfeld bespielen kann, ist für Auerbach einer herausragende Geschichte. Zur Erinnerung: Er hat zwei Jahre fast gar nicht gespielt und war zuvor auch kein Stammspieler.
Damit hat der VfB ja mehr Spieler aus dem eigenen ehrenamtlich organisierten Nachwuchs in die Regionalliga gebracht als die Nachwuchsleistungszentren der Großklubs der Liga?
Das darf man sagen! Thomas Stock hat gespielt, auf der Bank saß Christian Leucht, Albert Löser kam ins Spiel. Das sind Spieler haben alle Wurzeln bei uns.
Trotzdem: Sven Köhler hatte bereits vor einer Woche gesagt, dass der VfB sich im Winter breiter aufstellen möchte. Gibt es Neuzugänge?
Ja. Es ist aber abhängig von Daniel Tarczal. Seine Rückkehr hat er nach hinten rausgeschoben. Ursprünglich wollte er bereits jetzt sein Comeback feiern. Doch nun dauert es länger. Im November ist eine weitere Untersuchung geplant. Ausschlaggebend in Sachen neue Spieler ist daher, was mit ihm passiert. Ist er belastbar zum Rückrunden-Start einsetzbar, dann haben wir den Neuzugang, den wir ja schon letzte Saison hatten.
Er wäre ein wichtiger Spieler!
Wenn er zurückkommt und wieder bei 100 Prozent ist, dann haben einen erfahrenen Spieler mit hohem Stand in der Mannschaft. Er ist hochwillkommen. Sollte es nicht passieren, wissen wir schon, dass wir etwas tun müssen.
Und weitere Veränderungen?
Weiterhin muss man sehen, was aus den Spielern wird, die eine Ausstiegsklausel für den Winter haben. Wenn darunter der ein oder andere ist, der sagt: Ich habe nicht so viel gespielt und suche eine neue Herausforderung, dann müssen wir uns auch umschauen.
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